Infos für Hausärzt:innen
In den Hausarztpraxen wurden während der Pandemie viele an COVID erkrankte Patientinnen und Patienten behandelt. Bei fortbestehenden Beschwerden wie Husten und Abgeschlagenheit wurden diese zunächst darüber aufgeklärt, dass Symptome im Rahmen des Infekts bis zu vier Wochen anhalten können. Nach mehr als vier Wochen spricht man von Long-COVID, bei Anhalten der Beschwerde von mehr als drei Monaten von Post-COVID.
In der Hausarztpraxis sollten bei fortbestehenden Symptomen zunächst laborchemische und/oder apparative Untersuchungen wie EKG oder Lungenfunktionsprüfung zum Ausschluss anderen Erkrankungen durchgeführt werden. Ggfs. sollte je nach Symptomatik eine Vorstellung bei einer Fachärztin/bei einem Facharzt (z. B. Pulmonologe/Kardiologe) erfolgen. Bei Abgeschlagenheit kann nach den Handlungsempfehlungen in der DEGAM Leitlinien Müdigkeit vorgegangen werden. Sollten hier keine Pathologien auftreten, kann man mittels patientenorientierter Anamnesegespräche eine mögliche psychosoziale Genese eruieren. Im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung können bei Verdacht auf psychosomatischer Genese eine Depression mittels Testung PHQ-9 Bogen und bei von den Patientinnen und Patienten gefühlten kognitiven Einschränkungen mittels Mini Mental State Test die Beschwerden objektiviert werden.
Bei den genannte Symptomen sollte die obengenannte Diagnostik durchgeführt werden. Erschöpfung und Abgeschlagenheit sind subjektiv und können mittels Fragebogen über Ermüdungserscheinungen (Fatigue Assesment Scale) abgefragt werden. Bei chronischem Fatigue Syndrom (CFS/ME) gibt außerdem die kanadischen Kriterien oder den Bell Score (S.auch Charite Fatigue Centrum) als Assessment. Bei Konzentrationsstörungen kann ggfs. eine neuropsychologische Testung bei der Fachärztin/beim Facharzt durchgeführt werden. Andere objektive Parameter gibt es für diese Beschwerdebilder nicht.
Chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder auch psychische Krankheiten sind prädisponierend für ein Long/Post-COVID Syndrom. Insgesamt sind mehr Frauen betroffen. Altersmäßig scheint es eher jüngere bis mittelalte Menschen zu treffen. Patientinnen und Patienten mit einem schweren Infektionsverlauf haben ebenfalls häufiger Post-COVID. Die Virusvariante und der bestehenden Impfstatus sind ebenfalls für das Risiko ausschlaggebend. Insgesamt ist die Datenlage aber noch eingeschränkt.
Wenn kardiologische und pulmonologische Erkrankungen ausgeschlossen sind, können sie ihre sportlichen Aktivitäten wie gewohnt wieder aufnehmen. Meist sind die Betroffenen durch verminderte Belastbarkeit zunächst eingeschränkt und können sich nur langsam auftrainieren, teilweise kommt es nach Belastung zu einer Symptomzunahme (Postexestionelle Malaise kurz PEM). Hier ist wichtig, dass die Patient:innen ein entsprechendes Pacing betreiben und ihre Kräfte einteilen, damit sie diese PEM vermeiden.
Bei Verdacht auf eine Long-/Post-COVID-Erkrankung kann der Hausarzt oder die Hausärztin die Patientinnen und Patienten bei bestehender Symptomatik zur entsprechenden Fachärztin/zum entsprechenden Facharzt zur weiteren Diagnostik überweisen. Nach Ausschluss von anderen behandelbaren Erkrankungen kann bei ausgeprägter Symptomatik die Vorstellung in der Post-COVID-Ambulanz der MHH erfolgen. Leider bestehen hier lange Wartezeiten. Es gibt ebenfalls die Möglichkeit, für die Betroffenen eine Rehabilitationsmaßnahme zu beantragen.
Seit Oktober 2023 bietet das MHH-Projekt ViCoReK für Hausarztpraxen eine telemedizinische Beratung für Hausärzt:innen und /oder ihre Patient:innen an. Hier wird dann ein individueller Behandlungsplan nach dem aktuellen Forschungsstand erstellt und den Betroffenen und dem Hausarzt/der Hausärztin zugesendet. Mehr Informationen auf https://www.vicorek-nds.de/
Da das Erkrankungsbild noch nicht gut erforscht ist und es keinen eindeutigen Behandlungsansatz gibt, kann der Hausarzt oder die Hausärztin die Patientin oder den Patienten gegebenenfalls erst mal durch stützende Gespräche im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung begleiten. Heilmittel wie Physiotherapie und Ergotherapie haben ebenfalls einen guten Nutzen in der Behandlung.